Chișinău (I)
Über Chișinău (ausgesprochen ungefähr “Kischinau”) gilt nach meinem Gefühl, was oben (s. “Timisoara”) über osteuropäische Städte steht, ganz besonders. Die Republik Moldau ist erst seit Anfang der 90er Jahre ein selbständiger Staat. Die Entwicklung des Landes ist noch nicht sehr weit fortgeschritten, der Staat gilt als eines der ärmsten Länder Europas, aber insbesondere im wirtschaftlichen und kulturellem Zentrum, der Hauptstadt Chișinău, hat sie offensichtlich in den letzten Jahren an Fahrt aufgenommen.
Vor vier Jahren gab es im Innenstadt-Bereich kaum Bürgersteige, als Fußgänger musste man sich oft durch kreuz und quer geparkte Autos durchschlängeln, Fahrradfahren war quasi nicht existent. Mittlerweile wurde an vielen Stellen baulich etwas verändert, die Dominanz des Autos soll offensichtlich zurückgedrängt werden. Es gibt Busspuren! Und Fixie-Fahrer, für mich ein sicheres Zeichen, dass die Gentrifizierung begonnen hat. Sehr viele neue, moderne Läden und Restaurants haben eröffnet, wenn man heute durch den Innenstadtbereich geht, fühlt man sich sicherer (vor Autos, ansonsten ist Chișinău sowieso ziemlich sicher) und wohler als noch vor kurzem.
Wer sich eine Vorstellung vom Chișinău zu Beginn der 2000er-Jahre machen möchte, dem sei das Buch “Playing the Moldovans at Tennis” von Tony Hawks ans Herz gelegt - seither ist unheimlich viel passiert. Trotzdem gibt es zum Glück auch noch das “alte” Chișinău, zum Beispiel den zentralen Markt, auf dem man Lebensmittel, Elektroartikel, Kleidung bekommen kann. Dieser ist noch nicht von einer gesichtslosen internationalen Bekleidungskette vertrieben worden. Aber ich fürchte, es ist nur noch eine Frage der Zeit, bis zumindest die Einkaufsbereiche der Stadt nicht mehr von anderen europäischen Hauptstädten zu unterscheiden sein wird.
Die Frage, ob Chișinău eine schöne Stadt ist, liegt sehr im Auge des Betrachters. Ich finde jedenfalls, dass es sich auf jeden Fall sehr lohnt, sie sich anzusehen - wie ein Besuch von Moldau sowieso sehr zu empfehlen ist!