Dubrovnik, Mostar, Sarajewo - tolle Städte mit vielen Narben (15.-21.11.)
Von Kotor in Montenegro nach Dubrovnik ist es nur ein Katzensprung von knapp zwei Stunden, weshalb wir noch einen kleinen Zwischenstopp in dem sehr netten Ort Herzeg Novi einlegen, die hübsche Altstadt anschauen und im Hafen frühstücken.
In Dubrovnik übernachten wir im “Apartment Marylin”, hübsch gelegen im Stadtteil Lapad, wenige Minuten vom Meer entfernt und mit einer schnellen Busverbindung in die historische Altstadt.
Nachdem wir vom Gastgeber super-nett begrüßt wurden und unsere Sachen ausgepackt haben, machen wir aber zunächst einen Spaziergang im “Veedel” und stellen fest, dass es auch einen guten Eisladen in der unmittelbaren Umgebung gibt.
Am nächsten Morgen nehmen wir dann den Bus in die Altstadt. Für uns überraschend wird hier wieder Maske getragen, eine gewisse Beruhigung.
Auf unserer Balkanreise hatte der Krieg in den 90er-Jahren bislang keine Rolle gespielt und war nirgendwo richtig sichtbar gewesen. Dies wird sich jetzt und in den kommenden Tagen deutlich ändern.
Dubrovnik ist jüngeren Menschen - oder Netflix-Guckern, zu denen wir in der Regel nicht gehören - vor allem durch seine Rolle in “Game of Thrones” ein Begriff, und tatsächlich fühlt man sich in eine andere Welt versetzt. Kommt man durch die riesige Stadtmauer in die Altstadt, hat man den Eindruck, wieder im Mittelalter zu sein. Wären dort nicht die zahlreichen modernen Geschäfte und “Game of Thrones”-Souvenir-Läden…
Wieder einmal sind wir aber unheimlich froh darüber, dass wir um diese Jahrezeit hier sein können: die Temperatur ist angenehm, die Stadt ist, insbesondere am Vormittag, nur wenig besucht, und wir können bei Sonnenschein völlig entspannt durch die Straßen und Gassen wandern, zusammen mit Einheimischen Kaffee trinken oder am Nachmittag ein Glas Wein im Hafen.
Am frühen Nachmittag nehmen wir die Seilbahn zum Fort, das oberhalb der Stadt thront. Dort hat man phantastische Blicke auf Dubrovnik, die Umgebung und das Meer. Gleichzeitig aber bekommt man hier eine sehr drastische Anschauung vom Balkankrieg, der sich von 1991 an abspielte. Dubrovnik wurde 1991 von Serbien und Montenegro beschossen, ein Teil der Altstadt wurde durch Bomben und Feuer zerstört.
Auf dem Berg gibt es im Fort ein Museum an der Stelle, an der damals ein Teil der Kroatischen Streitkräfte stationiert waren. Bilder, Videos, Landkarten, aber auch Uniformen, Waffen, Granaten, machen uns sehr deutlich, was dieser Konflikt, erst vor wenigen Jahren, für die Menschen hier für eine Bedeutung gehabt haben muss. Speziell die Tatsache, dass wir heute fast alleine durch die alten Mauern wandern können, in denen damals die jungen Soldaten kämpften, hinterlässt einen starken Eindruck auf uns.
Als wir anschließend noch einmal durch die Stadt gehen, sehen wir an diversen Stellen auf einmal Spuren von Feuer und Schüssen, die wir vorher nicht bemerkt hatten. Wie auch in den nächsten Städten, die wir besuchen, hat die Stadt im Krieg nicht nur Schäden erlitten, sondern auch viele Toten zu beklagen gehabt.
Dennoch herrscht hier eine gelöste, lebensfrohe Atmosphäre, und wir genießen den letzten Abend in einem Lokal am Hafen und freuen uns über die frühe Weihnachtsdekoration…
Wir verlassen erneut die EU und machen uns auf den Weg nach Mostar in Bosnien-Herzegowina. Die Grenzkontrolle geht schneller als erwartet, und wir befinden uns auf einer guten Straße.
Google Maps hat uns eine Reisezeit von ca. 2 1/2 h prognostiziert. Da wir in Bosnien-Herzegowina keine SIM-Karte kaufen wollen, nutzen wir dort die Navigationssoftware maps.me. Diese lässt uns nach einigen Kilometern links abbiegen, und nach kurzer Zeit befinden wir uns auf einer Straße, auf der uns für über 30 km ein Tempolimit von 40 km/h angezeigt wird. Leider ist die Straße auch so schmal, dass wir nicht mehr wenden können. Wir sehen allerdings Symbole mit einer Eisenbahn und einem Fahrrad. Im Nachhinein finden wir heraus, dass wir uns auf dem erst vor einiger Zeit fertiggestellten Radweg nach Mostar befunden haben, dem Ciro I. Die Landschaft ist toll, die Fahrt erfordert allerdings viel Konzentration - oft fällt die alte Bahntrasse rechts und links mehrere Meter ab und der Bulli passt gerade so auf den Weg. Als wir dann wieder auf der regulären Straße sind, sind wir erleichert, freuen uns aber auch über diesen ungewöhnlichen Ausflug. Mit Google hätten wir das nicht erlebt…
Mostar ist - zumindest auf Instagram - bekannt durch seine photogene Brücke, die zwei Teile der Altstadt miteinander verbindet und von der sich mutige junge Männer (für angeblich 50 €) ins Wasser stürzen.
Wir übernachten in der “Villa Acapulco”, die zwar nicht besonders villenhaft ist, aber sehr zentral an der Altstadt liegt. Unser Appartment ist nett, gut ausgestattet, und die Gastgeber sind ausgesprochen freundlich.
Wir spazieren durch die Stadt, in der verschiedene Ethnien und Religionen koexistieren, was man an Moscheen, katholischen und orthodoxen Kirchen und Synagogen erkennen kann. Die Alt- und Innenstadt ist stark touristisch geprägt, aber man findet auch hier an allen Ecken Spuren des Krieges, und auf den Friedhöfen im Innenstadtbereich sind die Todesdaten viel zu oft in den 90ern.
Die Stadt gefällt uns gut, und wir schaffen es sogar für einige Momente, ganz alleine auf der berühmten Brücke zu sein. Am Abend gibt es dann (zumindest für den Nicht-Vegetarier) noch als Pflichtprogramm Cevapcici, und schon endet dieser kurze Besuch mit einer ruhigen Nacht.
Auf nach Sarajewo! Die Hauptstadt der Föderation Bosnien-Herzegowina, liegt im Nord-Osten von Mostar, gut zwei Stunden entfernt auf sehr ordentlichen Straßen - die letzten Kilometer sogar auf einer mautpflichtigen, nagelneuen Autobahn.
Unser Gastgeber hier ist Enis, und wir haben eine eigene kleine, super gelegene Wohnung für uns - wieder einmal eine klare Empfehlung. Wir schlafen leicht oberhalb der Old Town. Dorthin sind es knapp zehn Minuten zu Fuß, und am “Dorfplatz”, wo es einen tollen Konditor, Obsthändler, einen Supermarkt und einen Barber-Shop gibt, sind wir in zwei Minuten.
Der Tag beginnt mit Kaffee mit Ausblick oberhalb der Stadt.
Wie viel zu oft ist das Stadtbild unter anderem geprägt von weißen Säulen, Friedhöfen der Opfer des Krieges. Eine immerwährende Erinnerung, und ein würdevoller, aber trauriger Anblick.
Wir sind zu einer Stadtführung verabredet, die uns vom Nationaltheater, vorbei an der Stelle der Ermordung des Österreichisch-Ungarischen Thronerbens Franz-Ferdinand 1914, in die Altstadt führt. Unsere Führerin Merima, die heute 36 Jahre alt ist, zeichnet ein plastisches Bild des jahrhundertealten Balkan-Konflikts und kann uns mit drastischen, aber auch sehr humorvollen Erzählungen für zwei Stunden in ihren Bann ziehen. Man findet sie hier.
In Sarajevo sind Spuren des Krieges noch überall zu sehen, aber unsere Führerin macht uns deutlich, dass die Bevölkerung, schon immer mit Konflikten, Besatzung, kriegerischen Auseinandersetzung vertraut, das Leben trotzdem mit Freude lebt und den letzten Krieg heute allenfalls in Witzen thematisiert. “Never a boring day in Sarajevo.”
Vor diesem Hintergrund ist es wohl auch zu erklären, dass die Stadt tagsüber und nachts voller Menschen ist, Covid scheint keine Rolle mehr zu spielen - vielleicht kein Wunder bei dem, was die Menschen hier schon erlebt haben. Vollends fühlen wir uns in die 80er zurückversetzt, als wir zum ersten Mal seit vielen Jahren ein paar Gläser Wein in einem völlig verrauchten Lokal zu uns nehmen.
Am kommenden Tag scheint die Sonne und wir entkommen dem Smog, in dem wir die Seilbahn hoch ins Olympische Dorf von 1984 nehmen und einen sagenhaften Überblick über die Stadt haben. Ein kleiner Spaziergang auf der aufgegebenen Bob-Bahn komplettiert unseren Wintersport-Ausflug.
Den Abend verbringen wir noch in der Altstadt, bevor wir dann in die EU zurückkehren und einige Tage in Split verbringen. Uns hat speziell an Sarajevo diese sehr besondere Mischung aus deprimierenden Kriegsspuren, wunderschöner Landschaft, tollen Gebäuden und vor allem dem offenbar entspannten, humorvollen und lebensfrohen Miteinander ausgesprochen berührt - sicher ein Kandidat für einen zweiten Besuch!
P.S.: Falls jemand ein Haus in bester Lage kaufen möchte - wir vermuten, dass der Verkäufer deutsch spricht: