Pässe, Pässe, Pässe - und das alles (fast) ohne Pass
Eines vorweg: Was die Welt sicher nicht braucht, ist ein „Sport“, bei dem gefühlt 98% alte weiße Männer fossile Energien zum Spaß verbrennen, dabei tierisch Lärm machen und allen auf die Nerven fallen. Ganz abgesehen davon, dass es saugefährlich ist. Andererseits, vielleicht ist es ja gut für den Genpool der Menschheit…
Tja, dessen ungeachtet bin ich jetzt fast zwei Wochen lang mit dem Motorrad durch die Alpen gebrettert, von Westen nach Osten und zurück. Und es war natürlich tierisch schön und hat großen Spaß gebracht.
Los gehts natürlich in Bonn, mit einer Autobahnetappe zu meinen Eltern in Süddeutschland. Nach einem kurzen Übernachtungsstop dort fahre ich dann in Richtung Bodensee.
Am ersten „richtigen“ Tag geht es zunächst nach Bregenz und dann ins Rheintal in die Schweiz. Am Grenzübergang zwischen Österreich und der Schweiz muss ich tatsächlich meinen Ausweis vorzeigen und dem Schweizer Grenzbeamten erläutern, wohin die Reise geht. Ansonsten überquere ich in den folgenden Tagen zehnmal innereuropäische Grenzen, ohne auch nur ein einziges Mal Kontrolleur:innen zu sehen - die EU ist für mich nach wie vor ein großartiges Konstrukt.
Über Chur führt mich die Reise zur Rheinquelle in die Nähe von Andermatt, wo ich auf dem sehr schönen Platz „Camping Viva“ mein Zeit aufschlage. Dies ist meine erste Motorradreise mit Zelt - bisher fand ich damit das Motorrad immer zu voll beladen. Es funktioniert aber, dies schon als kurzes Fazit, erstaunlich gut.
Der Platz liegt sehr schön eingebettet in die großartige Bergwelt und ist auf jeden Fall einen Besuch wert. Die Getränkepreise in der Schweiz schmerzen den Schwaben in mir aber schon ein wenig…
Nach einer ziemlich guten Nacht auf der vorher noch nicht erprobten Luftmatratze fahre ich am Morgen zunächst über den Oberalp-Pass in Richtung Andermatt, um dann auf den Spuren von Goldfinger den Furka-Pass zu erklimmen - in anderer Richtung als James Bond. Anschließend geht es über den Simplon-Pass nach Italien, wo ich die Nacht am mir zuvor völlig unbekannten Lago d‘Orta verbringe, auf einem soliden Platz namens „Camping Royal“.
Tag 3 bringt mich - ohne Grenzkontrolle - zurück in die Schweiz, ins ganz schön mondän wirkende Locarno. Das Navi lässt mich einige Schleifen drehen, bevor es über den San Bernardino weitergeht. Es folgt der Splügenpass, schon bin ich wieder in Italien, und über den Malojapass zurück in die Schweiz. Der Campingplatz Maloja liegt traumhaft am See inmitten der Berge und auf dem Campingplatz bekomme ich eine gute Pizza zum Abendessen.
Der vierte Tag: Von St. Moritz über den Albulapass nach Davos, weiter auf den Flüelapass, den Ofenpass und zum Schluss den Umbrail-Pass ins italienische Bormio. Hier gönne ich mir heute das erste Mal ein Hotel (das nagelneue, gut gelegen und sehr schöne Hotel Eden) und lasse den Tag entspannt mit einem Negroni ausklingen.
Tag 5: Von Bormio geht’ über den Passo Mortirolo nach Edolo. Der folgende Passt Passo di Croce Domini stellt sich über einige Kilometer als Schotterpiste heraus - für mein Motorrad (eine geländetaugliche Yamaha Teneré 700) und mich der erste Offroad-Ausflug. Es folgt ein kurzer Stopp im malerischen Bagolino, wo ich vergangenes Jahr schon einmal übernachtet habe, weiter geht’s über Storo und den Lago di Ledro an den Lago di Garda. Es ist Wochenende, und mein Versuch, in Torbole auf einem Campingplatz unterzukommen, scheitert an Überfüllung. Die Alternative in Arco (Camping Zoo) ist aber klasse und ich habe einen schönen Platz direkt am Fluß Sarca.
Weiter geht’s am sechsten Tag in die Dolomiten: Passo di Sommo - Levico Terme - Cavalese - Passo di Rolle - Passo di Valles - Agordo - Lago di Santa Croce.
Übernachtet wird in Belluno Hotel Europa, einem etwas gesichtslosen Businesshotel. Aber es ist günstig und liegt in “walking distance” zum historischen Stadtzentrum.
Heute, Tag 7 der Tour, verlasse ich Italien und fahre nach Slovenien. An Udine vorbei passiere ich die Grenze in Gorizia und erreiche über den Razdrto-Pass - Ljubliana. Hier habe ich mir per Air B’n’B ein Zimmer in der Vila Teslova gebucht. Das ist ein sehr schönes, familiär geführtes Haus in super Lage, eine klare Empfehlung.
Ljubliana kannte ich noch nicht, bin aber ganz begeistert. Krönender Abschluss ist am Abend ein kleines Jazzkonzert.
Am achten Tag geht es über Bled und den Triglav-Nationalpark nach Kranjska Gora auf den Campingplatz - malerisch im Wald gelegen, sehr liebevoll angelegt, und es gibt sogar ein Hausschaf ;-). Nachdem das Zelt aufgebaut und das Motorrad vom Gepäck befreit ist, drehe ich noch eine Runde auf den Vršič-Pass mit einem Kaffee auf der Rückfahrt.
Morgens bin ich früh unterwegs - zum Caffè bin ich bereits im wenige Kilometer entfernten Italien. Von dort fahre ich über den Plöckenpass nach Heiligenblut, wo ich das Zelt mit Blick auf den Großglockner auf dem Nationalpark-Campingplatz aufschlage und einen entspannten Nachmittag verbringe.
Tag 10: Bei etwas trübem Wetter geht es über die Großglockner Hochalpenstraße nach Bruck. Durch den Felbertauerntunnel fahre ich zurück nach Italien, nach Matrei, und über den Staller Sattel nach Sterzing. Zum Schluss gibt es noch etliche Kurven auf dem Jaufenpass, bevor ich kurz vor dem Paseiertal in Innerwalten den Tag beende. Das Hotel Jägerhof, in dem ich übernachte, ist super, speziell das “Gala-Dinner” an diesem Donnerstag Abend… ;-) ).
Letzer Tag der Tour, es geht zurück nach Süddeutschland. Weil’s so schön war nehme ich noch einmal den Jaufenpass unter die Reifen, dann kommt der Brenner-Pass, und das Hahntennjoch. Durch’s Tannheimer Tal und Oberjoch gelange ich zurück nach Sonthofen in Deutschland, und kurze Zeit später bin ich dann wieder heil bei meinen Eltern.